Schlagwort: Tourismus nach Corona

Herzlich Willkommen! Die Beherbergungsbetriebe öffnen wieder Ihre Türen – Gastgeber-Familie Schlachter-Ebert im Gespräch.

Nachdem wir Ihnen ganz zu Anfang der Corona-Krise und der Schließungszeit der Beherbergungsbetriebe in unserem Blogbeitrag vom 26. März 2020 eine Checkliste an Sofort-Maßnahmen für Beherbergungsbetriebe in Krisensituationen zur Verfügung gestellt haben, sprechen wir im folgenden Beitrag mit einem Gastgebern über die Schließungszeit, Vorbereitungen für den Neustart sowie Chancen und Herausforderungen für die Zukunft.

„Wir sitzen alle in einem Boot und wenn wir alle gemeinsam an einem Strang ziehen, werde wir die Zeit auch mit Auflagen und Beschränkungen gut meistern.“ betont Beatrice Ebert, Gastgeberin auf der Schlossanger-Alp.

Gastgeber-Familie Schlachter-Ebert ©Wellness- & Berghotel Schlossanger Alp

Seit dem 18.03.2020 sind die Beherbergungsbetriebe in Deutschland für touristische Reisen geschlossen. Die Küche bleibt kalt, die Mitarbeiter sind oftmals in Kurzarbeit. Die Kosten laufen jedoch weiter – Einnahmen bleiben aus. Schrittweise dürfen unsere Gastgeber nun wieder Ihre Türen öffnen und Gäste begrüßen. Wie die Gastgeber die Schließungszeit genutzt haben, welche Vorbereitungen derzeit für die Wiedereröffnung getroffen und welche Chancen, aber auch Herausforderungen für die Zukunft gesehen werden, haben wir bei Familie Schlachter-Ebert aus dem Luftkurort Pfronten im Allgäu nachgefragt.

GTB: Wie habt Ihr die Corona-bedingte Schließungszeit genutzt?

Fam. Schlachter-Ebert: Die Schließung war für uns alle zunächst ein Schock. Wir haben nicht damit gerechnet, dass es soweit kommt. Natürlich haben wir uns direkt mit der Frage „Wie lange wird die Schließungszeit andauern?“ befasst. Zunächst waren es vier, dann sechs, dann acht Wochen. Jetzt sind es knapp neun Wochen, die wir den Betrieb schließen mussten. Aber wir haben die Zeit sehr gut nutzen können: Wir haben viele Renovierungsarbeiten im Haus durchführen können, die wir während des normalen Betriebs nicht durchführen können. Auch in unseren Außenanlagen, im angrenzenden Wald, ist viel passiert. Viel haben wir selbst gemacht, dabei haben unsere Auszubildenden, die wir zunächst nicht in Kurzarbeit schicken konnten, tatkräftig angepackt. Anstatt zu kochen oder zu bedienen, haben wir gemeinsam das Haus und die Fenster gestrichen, haben Möbel abgeschliffen – auch unseren Spielplatz haben wir auf Vordermann gebracht. Wir haben gemerkt, welche Talente noch in uns schlummern und was man alles mit einer guten Anleitung schaffen kann. Natürlich standen unsere Handwerker uns mit Rat und Tat zur Seite. Unsere eh schon geplanten Umbauarbeiten in zwei Suiten konnten nun entspannter durchgeführt werden und wir haben uns Zeit für Dinge genommen, die oftmals geschoben werden: Wir erarbeiten unsere neue Website und haben natürlich auch mehr Freiraum für kreatives Denken bekommen.

Zusätzlich haben wir die Zeit mit der Familie genutzt. So viel Zeit, die wir jetzt als Familie gemeinsam hatten, haben wir zuletzt wahrscheinlich vor 20 Jahren gehabt, als wir Kinder klein waren.

©Wellness- & Berghotel Schlossanger Alp

GTB: Welche Vorbereitungen trefft Ihr sowohl im Hotel als auch in den Lofts, um Eure Gäste wieder begrüßen zu können?

Fam. Schlachter-Ebert: In der kommenden Woche starten wir mit unseren Mitarbeitern die Lofts für unsere ersten Gäste herzurichten. Schutz- und Hygienemaßnahmen treffen wir natürlich auch für unsere Gäste und Mitarbeiter. In unseren Lofts hält sich der Aufwand in Grenzen, da alle Einheiten voll ausgestattet sind. Es gibt keine öffentlichen Bereiche, das macht das Ganze einfacher. Der tägliche Frühstücksservice mit unserem Frühstückskorb erfolgt kontaktlos, die Zubereitung und Bereitstellung unsere Spezialitäten natürlich unter Einhaltung aller Auflagen.

Im Hotel auf der Alp sieht es anders aus: Die Auflagen sind umfassend, entsprechend braucht die Vorbereitung Zeit. Der Wellnessbereich ist weiterhin geschlossen. Wir bereiten die öffentlichen Bereiche mit Glasvorrichtungen bspw. an der Rezeption und Bar, mit Absperrband die Laufwege und Parkplätze sowie Informationsschildern bspw. an Ein- und Ausgänge vor. Logistisch gesehen ein irrer Aufwand. Wir stellen Schutzmasken sowie Desinfektionsmittel zur Verfügung und auch hier schulen wir alle Mitarbeiter. Wir wollen alles richtig machen, perfekt vorbereitet sein und unseren Mitarbeitern und Gästen höchste Sicherheit gewährleisten. Wir wollen als Teil des Ganzen an der positiven Entwicklung mitwirken und weitere Schließungszeiten vermeiden.

Unsere größte Herausforderung: Wir leben die Herzlichkeit. Wir haben so viele Stammgäste, zu denen wir und unsere Mitarbeiter einen persönlichen Draht haben. Wir dürfen Gäste nicht mehr wie gewohnt zur Begrüßung umarmen, auch ein Lächeln ist durch die Maske nicht sichtbar. Hier suchen wir nach Lösungen, wie wir unsere Herzlichkeit auch weiterhin unseren Gästen zeigen können.

GTB: Welche Herausforderungen und welche Chancen seht Ihr für die Zukunft des Betriebs?

Fam. Schlachter-Ebert: Wir blicken positiv in die Zukunft! Es wird irgendwann eine neue Normalität auch ohne Mundschutz und weiteren Schutzmaßnahmen kommen. Auch der Wellnessbereich wird wieder öffnen – es ist nur eine Frage der Zeit. Wir freuen uns sehr, dass die Buchungslage wieder immens hoch ist, seitdem wir wissen, dass wir öffnen dürfen. Wir merken auch, dass die Menschen Angst haben wegzufahren, wollen auch nicht wegfliegen. Was macht man dann in Deutschland: Man fährt an die See oder in die Berge! Wir sind in den Bergen, wir sind im Allgäu zuhause. Das Allgäu war immer schon ein beliebtes Urlaubsziel und die Beliebtheit wird in der nächsten Zeit auch noch steigen – das ist unser Glück. Unsere Ferienwohnungen werden als sehr sicherer Ort wahrgenommen, da die Gäste einfach unter sich sind und wir trotzdem alles bieten können, wenn die Gäste möchten. Viele unserer Stammgäste fragen an und wollen zu uns kommen, aber wir merken auch, dass wir viele Anfragen von neuen Gästen erhalten. Was für uns spannend ist: Es sind viele Gäste, die aus NRW oder sogar aus dem Norden kommen. Es erschließen sich neue Quellmärkte für uns. Wir sehen generell positiv in die Zukunft, aber das Virus wird bleiben. Natürlich kann eine zweite Welle kommen, was wir nicht hoffen, aber man muss solche Risiken berücksichtigen. Wir müssen alle an einem Strang ziehen, sollten uns an die Auflagen und Maßnahmen halten und dann kann es in einigen Wochen schon wieder anders aussehen. Das sollte unser aller Ziel sein.

GTB: Vielen Dank für das gute Gespräch, Familie Schlachter-Ebert. Wir wünschen Ihnen einen guten Start! Bleiben Sie gesund!

Wie geht Neustart? – „Sicheres Reisen“ im Deutschlandtourismus

Der Neustart hat begonnen. Deutschlandweit entwickeln Touristiker Phasenmodelle dafür. In Deutschland am weitesten in den Planungen fortgeschritten sind die Nord-Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein, die beide differenzierte Pläne für ein Wiedereinsetzen des Tourismus entwickelt haben. Aber auch NRW, Baden-Württemberg und Bayern haben nachgezogen. Verschiedene Verbände, wie z.B. der Bundesverband der Campingwirtschaft (BVCD) und der Verband der Freizeitparks und -unternehmen (VDFU), haben ausgefeilte Konzepte vorgelegt.

Die Konzepte sollten auch wirtschaftlich nachhaltig aufgestellt sein, da aus medizinischer Sicht nur ein Impfstoff mit hohem Protektivitätsgrad (der ist bei einigen Impfstoffen nicht gegeben) und breiter Verfügbarkeit zu einem weitgehenden Normalzustand führen wird. Wann damit ein großer Anteil der Bevölkerung geimpft sein wird, ist zur Zeit noch nicht absehbar, es kursieren Schätzungen von 1,5 Jahren bis deutlich länger.

Vor diesem Hintergrund macht es Sinn, einerseits bestehende Angebote “Corona-sicher” und zugleich mit Wohlfühlcharakter anzubieten, andererseits, wenn möglich, Angebote zu dem jetzt noch wichtiger gewordenen Thema Gesundheitsstärkung am Markt zu platzieren.  

Gleichzeitig hat sich deutschlandweit die Zahl der gemeldeten aktiv an SARS CoVid 19 Infizierten inzwischen auf ca. 24.000 reduziert. Die wichtige Kennzahl „Reproduktionsrate“ liegt zwischenzeitlich bei nur noch 0,76 (Quelle: Robert Koch Institut, www.rki.de, Stand: 03.05.2020). Verschiedene Länder haben erste touristische Angebote wieder zugelassen, allen voran Tiergehege, Zoos und botanische Gärten.  Viele Lockerungen sind für die nächsten Wochen angekündigt. Der schrittweise Neustart des Tourismus, den wir vor drei Wochen mit einem ersten Phasenmodell  für den Deutschlandtourismus vorgeschlagen haben, ist inzwischen im Gange.

Schon bald werden weite Teile des touristischen Angebots in Deutschland wieder zulässig sein.

Neue Aufgaben für das Destinationsmanagement.

Höchste Zeit also, den Neustart in den Ländern und Regionen zu organisieren. Doch was ist dabei eigentlich zu tun? Was benötigen die Leistungsanbieter, was benötigen die Gäste? Ganz sicher muss sich das Destinationsmanagement an vielen Stellen weiter entwickeln und den aktuellen Herausforderungen der Corona-Pandemie anpassen.


Wichtige ToDos im Destinationsmanagement beim Neustart

a) Management

  • Angebotskoordination: Aufbau bzw. Unterstützung der Leistungs- und Serviceketten für den Neustart, Umsetzung vertrauensbildender Maßnahmen (Sicherheit, Verhaltensregeln, Anreisemanagement, Besucherlenkung, abgestimmter Service …)
  • Unterstützung der Partner:  Koordination und Information der Stakeholder, Coaching, Beratung, Vermittlung von Best Practices und Problemlösungen, Trouble Shooting …
  • Monitoring: systematische Erfassung der Auswirkungen der Corona-Krise, der Entwicklung von Angeboten, Betrieben, der Gästewahrnehmung, der Gästebewegungen …

b) Kommunikation

  • Binnenkommunikation: Vermittlung von Schutz- und Hygienebestimmungen, Vermittlung der Organisation des Neustarts an die Partner, Beispiele und Best Practices für Corona-spezifische Angebote und Produkte
  • Gästekommunikation: Vorfreude-/ Sehnsuchtskampagnen + Vermittlung  von Sicherheit + Darstellung der verfügbarer Angebote und Leistungen

Die Bedürfnisse der Gäste verstehen: Wohlfühlen, Gesundheit und Sicherheit

Wichtig ist, die Emotionen und Bedürfnisse der Gäste in und nach Krisen zu verstehen: Neben den bekannten Reisemotiven sind Berechenbarkeit, Verlässlichkeit, Sorgfalt in Bezug auf Gesundheit und Schutz vor Infektionen im aktuellen Corona-Geschehen von großer Bedeutung. Diese Bedürfnisse lassen sich mit dem Begriff „Sicherheit“ zusammenfassen. In der Corona-Krise gilt es für das Destinationsmanagement, „Sicheres Reisen“, verbunden mit Wohlfühlen, zu organisieren und zu kommunizieren.

Beispiel im Video: Wie man „Sicheres Reisen“ mit „Wohlfühlen“ verbindet.

Auch wenn sich die Ergebnisse der Covid19 Reise-Umfrage des Wellnessreiseanbieters Spa-dich-fit.de mit mehr als 4.000 Teilnehmenden in Deutschland auf eine hotel- und wellnessaffine Grundgesamtheit beziehen, geben sie doch wichtige Hinweise. Die Bedeutung von Informationen zu den Corona-Schutzmaßnahmen in der Unterkunft und in der Destination wird als sehr hoch eingeschätzt.

Und: Dem Gast ist es wichtig, dass die angebotene Sicherheit abgesichert und unabhängig kontrolliert wird. Der Gast ist bereit, für diese Sicherheit zu bezahlen: Ca. 80% der Befragten sind bereit, eine Preissteigerung für die zusätzlichen Sicherheits- und Hygieneleistungen im Hotel mitzutragen.

Wie man „Sicheres Reisen“ im Deutschlandtourismus verankern könnte.

„Sicheres Reisen“ allerdings kann und muss, so unsere Auffassung, destinationsübergreifend, mindestens landesweit, besser noch national entwickelt und koordiniert werden. Es ist für den Gast weder sinnvoll noch zumutbar, sich mit verschiedensten Gegebenheiten in potenziellen Reisezielen auseinander setzen zu müssen. Selbst landesweit vereinheitlichte Standards sind angesichts der vielen Landesgrenzen übergreifenden Reisegebiete in Deutschland nicht ausreichend.

Es stellt sich die Frage, was im Deutschlandtourismus zu tun ist, um die Verbindung von Wohlfühlen mit „Sicherem Reisen“ aufzubauen und umzusetzen. Wir regen an, dass sich die Bundesländer und die Verbände im Deutschlandtourismus auf gemeinsame Mechanismen und Standards verständigen.

Sechs Vorschläge für die Umsetzung von „Sicherem Reisen“ im Deutschlandtourismus

  1. National abgestimmte Handlungsempfehlungen für die Umsetzung von Schutz- und Hygienebestimmungen für die verschiedenen Anbieterkategorien, Infrastrukturen und Einrichtungen
  2. Zusammenstellung der adäquaten Checklisten und Handlungsempfehlungen für die verschiedenen Anbieterkategorien, Infrastrukturen und Einrichtungen im Deutschlandtourismus
  3. Entwicklung von national abgestimmten Muster-Krisenreaktionsplänen zur Nutzung in den Ländern und Regionen für den möglichen Fall des Auftretens eines regional begrenzten Infektionsgeschehens
  4. Best Practice-Pool für vorbildliche Angebote, Produkte  und Leistungsketten für die Kombination von „Wohlfühlen“ und „Sicherem Reisen“
  5. Qualifizierung und Unterstützung der Leistungsanbieter im Hinblick auf nachfragegerechte  Produkte und Angebote in der Kombination von „Wohlfühlen“ und „Sicherem Reisen“
  6. Einbindung von „Sicherem Reisen“ verbunden mit „Wohlfühlen“ in bestehende Qualitäts- und Servicezertifikate im Deutschlandtourismus
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„Systemrelevanter Bestandteil der Gesundheitswirtschaft: Heilbäder und Kurorte leisten unverzichtbaren Beitrag zur Bewältigung der Corona-Krise!“ – Präsidentin Brigitte Goertz-Meissner im Gespräch

Die 350 staatlich anerkannten Heilbäder und Kurorte in Deutschland sind mit ihren kurörtlichen Einrichtungen, Leistungen und Rehabilitationskliniken ein systemrelevanter, unverzichtbarer Teil der Gesundheitswirtschaft und des Gesundheitsversorgungssystems. Sie sind ausgewiesene Versorgungs- und Kompetenzzentren für Nachsorge und Gesundheitsprävention und verfügen über medizinisch-therapeutische Kompetenzen und Qualifikationen, um einen substanziellen Beitrag in der Krise leisten zu können. In der Regel in den ländlichen Räumen gelegen, haben sie auch eine besondere strukturpolitische Bedeutung – im Hinblick auf ihre Wirtschaftskraft, die medizinische und therapeutische Versorgung der Bevölkerung im ländlichen Raum und ihre gesellschaftliche Bedeutung. So stehen die Orte für knapp ein Drittel aller Übernachtungen in Deutschland und 510.000 hoch qualifizierte Arbeitsplätze.

“Die Kommunen der Heilbäder und Kurorte müssen dringend finanzielle Unterstützung erhalten!” betont Brigitte Goertz-Meissner, Präsidentin des Deutschen Heilbänderverbandes e.V. Was jetzt für die Heilbäder und Kurorte wichtig ist? Hierzu waren wir mit Brigitte Goertz-Meissner im Gespräch.

Brigitte Goertz-Meissner, Präsidentin des Deutschen Heilbänderverbandes e.V.

GTB: Der Deutsche Heilbäderverband e.V. hat gemeinsam mit den Landes- und Spartenverbänden und unter fachlicher Begleitung von PROJECT M und KECK Medical ein Papier „Bewältigung der Corona-Pandemie und ihrer Folgen: Der Beitrag der Heilbäder und Kurorte in Deutschland“ mit Forderungen nach finanzielle Unterstützungsmaßnahmen und der unmittelbaren, schrittweisen Öffnung der Gesundheitsrichtungen und -angebote erarbeitet und veröffentlicht. Was sind die Kernaussagen in diesem Papier?

Goertz-Meissner: Die Corona-Pandemie und ihre Folgen stellen die 350 Heilbäder und Kurorte in Deutschland vor existenzbedrohende Herausforderungen. Nicht nur Rehabilitationskliniken, Mutter/Vater-Kind-Kliniken und Beherbergungsbetriebe, sondern auch kommunale Thermen, Bäder, Kurmittelhäuser, Trink- und Wandelhallen uvm mussten schließen. Ausgerichtet auf die zahlreichen Patienten (oft chronisch Kranke) sowie auf gesundheitsbewusste Gäste haben die oft kleinen Kommunen eine äußerst kosten- und personal-intensive Gesundheitsinfrastruktur zu finanzieren bei aktuell Null Einnahmen! Vielerorts drohen Insolvenzen, die von Experten bereits vor Mitte des Jahres erwartet werden. 
Dass auch die Kommunen der Heilbäder und Kurorte dringend finanzielle Unterstützung erhalten müssen, um ihre in der Regel personal- und kostenintensiven Gesundheitseinrichtungen zu erhalten ist unsere dringlichste Forderung. Vor diesem Hintergrund fordern der Deutsche Heilbäderverband e.V., die Landesheilbäderverbände sowie die Spartenverbände folgende Maßnahmen:

  • Das bestehende Soforthilfepaket des Bundes und der Länder soll künftig auch kurörtlichen Unternehmen in einem staatliche anerkannten Kur- und Heilbad unabhängig von der Gesellschafts- und Rechtsform zur Verfügung gestellt werden. Dies soll ebenfalls für alle kurörtlichen Einrichtungen der Heilbäder und Kurorte in kommunaler Trägerschaft gelten wie beispielsweise Gesundheitszentren, Thermen, Gesundheitsbäder.
  • Die prädikatisierten Heilbäder und Kurorte sollen eine Pauschalförderung in Höhe der durch die Corona-Pandemie ausgelösten Mindereinnahmen im Bereich der Kurtaxe, der Fremden-verkehrsabgabe und der Einbußen durch nicht erfolgte kurörtliche Veranstaltungen erhalten.
  • Die Vergabe von KfW-Krediten für kurörtliche Unternehmen und Einrichtungen soll unabhängig von der Gesellschafts- und Rechtsform der Betriebe und Organisationen zinslos und mit einer Laufzeit von 10 bis 15 Jahren, bei einer Aussetzung der Tilgung im ersten Jahr, erfolgen. Weitere Optionen für zusätzliche zinslose Darlehen sind darüber hinaus erforderlich.
  • Der Umsatzsteuersatz für alle Umsatzbereiche in kurörtlichen Gesundheitseinrichtungen, wie z.B. Thermen, Gesundheitszentren, Kurmittelhäuser soll auf 7 % gesenkt werden.
  • Für die Entwicklung und Bereitstellung von Maßnahmen der Nachsorge von durch SARS-COV-2 direkt und indirekt ausgelösten Erkrankungen sollen den Heilbädern und Kurorten Fördermittel zur Verfügung gestellt werden.

Neben den finanziellen, dringend notwendigen Unterstützungsmaßnahmen ist es notwendig, die Gesundheitsangebote und -einrichtungen unmittelbar wieder zu öffnen, wobei der Schutz der Gesundheit selbstverständlich oberste Priorität hat. Was die erforderlichen Schutz- und Hygieneanforderungen anbelangt können die Heilbäder und Kurorte ihre langjährige Erfahrung und Kompetenz einbringen.

GTB: Die Heilbäder und Kurorte nehmen eine wichtige gesellschaftliche und gesundheitspolitische Funktion in der Nachsorge und Gesundheitsprävention ein. Warum ist eine unmittelbare Öffnung aus Ihrer Sicht so wichtig und was muss in den Heilbädern und Kurorten im Besonderen beachtet werden?

Goertz-Meissner: In der Folge der Corona-Pandemie werden nicht nur die unmittelbaren Folgen einer Corona-Erkrankung therapiert werden müssen sondern auch Begleiterkrankungen wie zum Beispiel psychische Belastungen, kardiologische und psychosomatische Folgeerkrankungen. Darüber hinaus müssen wir davon ausgehen, dass in Kürze gehäuft Patienten in unseren Rehabilitationskliniken therapieren werden müssen, die ihre Operationen aufgrund der Pandemie verschieben mussten oder wollten. Rehabilitation und Kuren im Hinblick auf die direkt und indirekt ausgelösten Krankheitsbilder erfahren somit einen erheblichen Bedeutungszuwachs. Auf diesen müssen wir uns alle schnellstmöglich vorbereiten.

GTB: Die Corona-Pandemie wird wohl auch umfassende mittel- und langfristige Auswirkungen haben. Wie wird sich die Pandemie aus Ihrer Sicht mittel- und langfristig auf die Heilbäder und Kurorte als wichtiger Bestandteil der Gesundheitswirtschaft auswirken? Welche Herausforderungen aber auch Chancen sehen Sie diesbezüglich?

Goertz-Meissner: Die größte Herausforderung wird sein, mit Soforthilfeprogrammen und Fördermitteln die hochwertigen, personal- und kostenintensiven,  in meinen Augen heute mehr denn je benötigten Gesundheitsinfrastrukturen  unserer Heilbäder und Kurorte zu erhalten und baldmöglichst den Bürgerinnen und Bürgern wieder zugänglich zu machen. Das sich in den vergangenen über 10 Jahren kontinuierlich steigende Gesundheitsbewusstsein der Bevölkerung, wird nach der Pandemie weiter wachsen.
 
Aufgrund der sich abzeichnenden Wirtschafts- und Finanzkrise wäre es in meinen Augen dringend erforderlich, dass auch der weniger einkommensstarken Bevölkerungsschicht der Zugang zu einer ambulanten Vorsorgemaßnahme (Kur) ermöglicht wird. In den vergangenen Jahren war die kontinuierlich wachsende Nachfrage in unseren Heilbädern und Kurorten eindeutig auf die einkommensstarke Bevölkerungsschicht zurückzuführen, die eine ambulante Vorsorgemaßnahme – oft in regelmäßigen Abständen – privat finanziert wahrnehmen konnte. Primär handelt es sich bei unseren Gästen, die eine ambulante Vorsorgemaßnahme oder sonstige Gesundheitsangebote wahrnehmen, um chronisch Kranke, wie z.B.  Rheumatiker, Asthmatiker, psychosomatisch Erkrankte oder Menschen mit dermatologischen oder orthopädischen Krankheitsbildern.
Sie alle können ihre Lebensqualität steigern, schlimmere Krankheits-verläufe hinauszögern oder gar abwenden. Diese Chance sollte man allen Bürgerinnen und Bürgern ermöglichen weshalb wir seit vielen Jahren schon fordern, dass die ambulante Vorsorgemaßnahme nach §23 SGB V als Pflicht- und nicht wie bisher als Kann-Leistung verankert wird.   
Heilbäder und Kurorte sind ausgewiesene Versorgungs- und Gesundheitskompetenzzentren für Nachsorge und Gesundheitsprävention. Sie sind ein wichtiger Bestandteil im der Gesundheitswirtschaft und des Gesundheitssystems. Ich bin mir sicher, dass sie in und auch nach der Corona-Pandemie einen wichtigen Beitrag leisten können. Mittel- und langfristig werden sie immer weiter an Bedeutung gewinnen. Das Gesundheitsbewusstsein der Menschen wird nach der Pandemie noch deutlicher steigen. Der Trend nach natürlichen Heilmitteln ist ebenso seit Jahren erkennbar wie der Wunsch nach einer ganzheitlicher. All das bieten die staatliche anerkannten Heilbäder und Kurorte mit ihrer über 125-jährigen medizinischen und therapeutischen Tradition und Innovation.  

GTB: Vielen Dank für das gute Gespräch, Frau Goertz-Meissner. Bleiben Sie gesund!

1. Digitale Kurorte-Konferenz: Die Zeit für den Tourismus nach Corona wird kommen – Noch 10 Restplätze verfügbar!

Trotz der weiterhin anhaltenden Beschränkungen und Verbote im Freizeit- und Tourismussektor sollten und müssen wir uns heute schon auf einen Neustart vorbereitet, denn es wird auf für die Freizeit- und Tourismuswirtschaft eine Zeit nach Corona geben.

Die Corona-Krise stellt auch die Heilbäder und Kurorte in Deutschland aktuell vor größte Herausforderungen. Auch wenn beim Blick in die Zukunft angesichts der erheblichen Risiken und Unsicherheiten nach wie vor Vorsicht geboten ist, treten doch mit zunehmender Dauer der Krise auch die Chancen ins Blickfeld. Der Gesundheitstourismus in den Heilbädern und Kurorten könnte zu den touristischen Marktsegmenten gehören, die von der Krise profitieren: Reisen ins Ausland könnten auf kurze und mittlere Sicht angesichts des gesteigerten Sicherheitsbedürfnisses der Reisenden und der weiter bestehenden Einschränkungen gegen das Corona-Virus weniger gefragt sein. man kann davon ausgehen, dass sich das Reisegeschehen nach der Corona-Krise zunächst in die deutschen Reiseziele verlagert. Hiervon könnten solche Destinationen profitieren, die den Bedürfnissen nach Sicherheit und Gesundheit in besonderem Maße entsprechen – die Heilbäder und Kurorte in Deutschland.

Neustart im Tourismus – Vorbereitung ist das A und O.

Der Neustart sollte vorbereitet sein. Deshalb diskutieren wir gemeinsam mit Vertretern der Heilbäder und Kurorten sowie weiteren Interessierten im Rahmen einer virtuellen Podiumsdiskussion sowie Workshopsequenzen folgende Fragestellungen:

  • Wann und unter welchen Voraussetzungen glauben Sie wird es einen schrittweisen Neustart von Gesundheit und Tourismus in Heilbäder und Kurorte geben?
  • Wie organisiert und managet man den Neustart von Gesundheit und Tourismus in den Heilbädern und Kurorten?
  • Wie ist der Neustart aus gesundheitlicher und virologischer Sicht in den Heilbädern und Kurorten zu bewerten und zu gestalten? Worauf kommt an? Welche Lösungen gibt es?
  • Welche Herausforderungen und Probleme entstehen dabei in den Heilbädern und Kurorten?
  • Was ist für die Organisation und Management des Neustarts zu beachten?
  • Worauf kommt es bei Kommunikation, Information gegenüber Gästen, Einheimischen und Leistungsträgern in Heilbädern und Kurorten an?

Experten mit unterschiedlichen Blickwinkeln stehen Frage und Antwort.

Seien Sie gespannt und begrüßen Sie gemeinsam mit uns Experten aus der Branche:

  • Stefan Krieger, Geschäftsführer Staatsbad Salzuflen GmbH
  • Thomas Jahn, Geschäftsführer AIB-KUR GmbH & Co. KG & Marketingbeirat Bayerischer Heilbäderverband e.V.
  • Dr. Maik Fischer, Kurdirektor Staatsbad Pyrmont & Vorstandsmitglied Heilbäderverband Niedersachsen e.V.
  • Dr. Andreas Keck, Geschäftsführer KECK MEDICAL & Syte Institute

Die Moderation und Leitung der Workshops übernehmen unsere Gesundheitstourismus-Experten Cornelius Obier, Detlef Jarosch, Dr. Andreas Keck und Isabell Decker. Ihre Vorschläge und Ihr Engagement für den gemeinsamen Weg für den Neustart sind herzlich willkommen!

Tipp: Aktuell stehen noch 10 Restplätze für unsere 1. Kurorte-Konferenz zur Verfügung! Seien Sie schnell – die Plätze werden nach dem „first come – first serve“-Prinzip vergeben. Nutzen Sie den Anmeldungslink!

Zusätzlich möchten wir auch heute schon auf den zweiten Teil der Kurorte-Konferenz aufmerksam machen. Diese findet am 6. Mai um 15:00 Uhr statt. Die Registrierung ist ab Donnerstag, dem 23. April HIER möglich. Wir freuen uns auf Ihre Teilnahme!

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Der Blick nach vorn: Wie kommt der Deutschlandtourismus aus dem Lockdown?

Der Tag, an dem Bundes- und Landesregierungen mögliche Lockerungen der Schutzmaßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie umsetzen, wird von der Tourismuswirtschaft herbeigesehnt. Mecklenburg-Vorpommern ist bereits das erste Bundesland, das einen eigenen Phasen- und Aktionsplan für die Lockerung der ergriffenen Maßnahmen und den Wiederaufbau des Tourismus erarbeitet und umsetzt. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt muss jedoch große Ungewissheit herrschen, ob dies direkt nach dem 19. April oder noch später stattfindet und in welchem Ausmaß es zu Lockerungen kommt.

Auch wenn die Prognosen der Erkrankungszahlen unsicher sind, kann damit gerechnet werden, dass der Corona-Status in Deutschland auch nach dem 19. April noch äußerst beunruhigend sein wird. Selbst in Anbetracht langsamer steigender Infiziertenzahlen wird der Ausblick auf den Mai und ggf. auch auf den Juni weiter steigende Zahlen beinhalten. Die Versorgungskapazitäten könnten zunehmend belastet und ggf. auch teilweise überlastet werden. Zudem werden immer mehr noch gesunde Menschen Bekannte haben, die erkrankt sind.

Medizin-wissenschaftlich werden neben einer graduellen kontinuierlichen Öffnung auch andere Öffnungskonzepte diskutiert, wie z.B. “pulsed distancing” (Mehrfacher Wechsel zwischen Öffnungsperioden und Social Distancing) und z.B. “immune certificate” (Keine Beschränkungen für Menschen, die immun und nicht ansteckend sind).  

Umso wichtiger wird es sein, auch gerade unter Einbeziehung dieser längerfristigen Entwicklung, sorgsam kalkulierte Öffnungsversionen der Tourismuswirtschaft bereits jetzt zu diskutieren und zu planen. Mit einer intensiven Diskussion in den nächsten Tagen und Wochen ist zu rechnen. Für diese Diskussionen möchten wir mit diesem Beitrag Impulse geben – aus touristischer, aber auch aus medizinischer Sicht.

Vorweg: Die folgenden Überlegungen können immer nur für den für den Fall gelten, dass die Schutzmaßnahmen die Ausbreitung des Virus wirksam verlangsamen konnten. 

Wenn die Schutzmaßnahmen allmählich greifen, wie können dann die massiven Beschränkungen und Verbote schrittweise gelockert und eventuell ganz aufgehoben werden? Was ist denkbar?

Antworten auf diese Fragen setzen schwierige Abwägungen zwischen Gesundheitsschutz, sozialen und ökonomischen Überlegungen voraus. Sicher kann die Rücknahme von Beschränkungen und Verboten für den Tourismus nur schrittweise und differenziert erfolgen. Erforderlich sind sicherlich regionale Differenzierungen, Unterscheidungen nach Tageszeiten, nach touristischen Marktsegmenten sowie nach Personen- und Altersgruppen. Wichtig ist auch, über Phasen oder Schritte der Lockerung zu sprechen, denn Rücknahmen müssen in einer zeitlichen Staffelung erfolgen. 

Phase 1a: „Erste vorsichtige Lockerungen“

In diese Phase könnten touristische Angebote wieder zugelassen werden, bei denen Besucher und Gäste in hinreichender Distanz zueinander bleiben und in der die Einschränkung sozialer Kontakte bestehen bleibt:

Dienstleister, aber auch Einzelhandelsgeschäfte könnten ihre Räumlichkeiten wieder für Gäste, Besucher und Kunden öffnen. Dies wäre jedoch nur möglich, wenn eine strikte Begrenzung der Anzahl der Anwesenden sowie die räumliche Distanz gewährleistet werden können. Zu nennen sind beispielsweise Fahrrad- und Autoverleih, Reisebüros, Tourist-Informationen.  Dabei sollte sich die Begrenzung der anwesenden Personen in Räumen bzw. pro Fläche an den gegenwärtigen Einschränkungen für Bäckereien und Supermärkte orientieren. Inwiefern der Zugang für Ältere und Risikogruppen in dieser Phase als Appell, dennoch zu Hause zu bleiben, oder auch zeitlich differenzierte Zugänge geregelt werden müssten, ist zu diskutieren.

Die Gastronomie könnte unter der Auflage wieder öffnen, dass durch Stellen der Tische der erforderliche Abstand zwischen Gästegruppen von Gästen gewährleistet ist. Eine Begrenzung der Personen pro Tisch auf zwei, aber auch eine Begrenzung der Anzahl der Stühle je Tisch wäre möglich. Eine zeitliche Einschränkung, wie zu Beginn der Corona-Krise von 6:00 Uhr bis 18.00 Uhr, wäre sinnvoll. Im Anschluss sollten nur Abholangebote und Lieferdienste erlaubt sein.

Übernachtungsreisen könnten auch in dieser Phase im Regelfall weiterhin nur zu geschäftlichen Zwecken erlaubt werden. Zudem könnte die Hotellerie neben Geschäftsreisenden auch für Gäste geöffnet werden, die die Erkrankung bereits hinter sich haben und nachgewiesenermaßen immun und auch nicht mehr ansteckend sind.

Phase 1b: „Weitere Lockerungen“

Voraussetzung für diese Phase ist, dass die bestehenden Kontaktbegrenzungen im öffentlichen Raum von derzeit maximal zwei Personen gelockert werden. Denkbar wäre z.B. eine Lockerung auf vier oder fünf Personen. Damit könnten ebenfalls weitere touristische Angebote zugelassen werden, bei denen Ansammlungen von mehr als zwei Personen üblich sind, eine Kontaktbegrenzung jedoch noch gewährleistet werden kann.

Möglich wäre dann eine Öffnung des Einzelhandels. Einzelne Dienstleistungen mit körperlicher Berührung, wie z.B. Friseure, könnten zugelassen werden, wenn Dienstleister und Kunde sich selbst und gegenseitig ausreichend schützen, etwa durch Mund-Nase-Masken. Voraussetzung wäre eine strikte Begrenzung der Anzahl der Anwesenden sowie deren räumlicher Abstand.

Auch die Gastronomie könnte nun wieder länger öffnen. Die Begrenzung auf eine erweiterte Anzahl der Personen pro Tisch und die Abstandsgebote müssten beibehalten werden.

Die Öffnung von Museen und ähnlichen Einrichtungen unter Voraussetzung der erforderlichen Kontaktbegrenzung durch Beschränkung der eingelassenen Personen und eine den Anforderungen entsprechende Besucherführung wäre zu prüfen. Gästeführungen könnten erlaubt werden – allerdings nur mit kleinen Gruppen entsprechend der Kontaktbeschränkung.

Übernachtungsangebote zu freizeittouristischen Zwecken könnten wieder begrenzt erlaubt werden, jedoch nur für Individualtouristen oder Gruppen bis zur allgemeinen Obergrenze, zum Beispiel von bis zu fünf Personen. Gleichzeitig müssten Beherbergungsbetriebe durch geeignete Maßnahmen sicherstellen, dass die Kontaktbeschränkungen umsetzbar sind, z.B. durch entsprechendes Stellen der Frühstückstische oder durch Frühstück auf dem Zimmer.  Eine generelle Erlaubnis von Übernachtungsreisen in Ferienhäuser und -wohnungen wäre zu prüfen. In Bezug auf den Übernachtungstourismus könnte es jedoch sinnvoll sein, zu regionalen Differenzierungen zu kommen. In Bundesländern mit geringer Infiziertenzahl pro Einwohner könnte der Übernachtungsverkehr gelockert werden. Z.B. könnten zunächst Bürger aus dem eigenen Bundesland, oder auch Zweiwohnungsbesitzer wieder innerhalb des Bundeslandes freizeittouristisch reisen.  

Weiterhin müsste allerdings grundsätzlich gelten, dass Risikogruppen zuhause bleiben oder dass ein zeitlich differenzierter Zugang zu touristischen Angeboten geregelt wird.

Phasen auf dem Weg zur Normalität (Quelle: PROJECT M)

Phase 2: „Schrittweise Rückkehr zur Normalität“

Diese Phase ist davon gekennzeichnet, dass die Anordnungen zur Begrenzung sozialer Kontakte im öffentlichen Raum aufgehoben werden. Es gäbe jedoch weiterhin Empfehlungen zur Vermeidung sozialer Kontakte mit und für Risikogruppen.  In dieser Phase könnten Einzelhandelsgeschäfte sowie Dienstleister ihre Tätigkeit wieder aufnehmen, sofern körperliche Berührungen nicht den Schwerpunkt ihrer Tätigkeit bilden. Die Gastronomie könnte ohne Einschränkungen wieder öffnen.

Kulturelle Einrichtungen und Freizeitaktivitäten könnten zugelassen werden, bei denen Berührungen zwar nicht die Regel sind, aber auch nicht ausgeschlossen werden können. Dementsprechend wären z.B. Gästeführungen wieder in vollem Umfang möglich. Outdoor-Freizeitangebote in Freizeit- und Tierparks wären unbeschränkt möglich.

Touristische Mobilität, Reisebusverkehre und Schiffsausflüge wären wieder zulässig. Auch Übernachtungsangebote wären unbeschränkt möglich.

Für Risikogruppen könnten Empfehlungen ausgesprochen werden, vorerst auf Reisen zu verzichten oder nur bestimmte Reiseformen zu unternehmen. Gleichzeitig könnten touristische Einrichtungen besondere Öffnungszeiten für Risikogruppen anbieten.

Phase 3: „Normalität“

In dieser Phase ist davon auszugehen, dass ein vorhandener Infektionsschutz eine weitgehende Normalität wieder zulässt. Hier sollten sämtliche Angebote des Leisure- und Business-Tourismus zulässig sein, z.B. alle Freizeitparks, Jahrmärkte, Kinos, Theater, Konzerthäuser, Sportveranstaltungen mit Zuschauern. Dazu gehören auch Schwimm- und Spaßbäder, Thermen, Fitnesseinrichtungen u.ä.

Der gesamte organisierte Geschäftsreiseverkehr in Form von Messen, Kongressen und Konferenzen wäre dann ebenfalls wieder zulässig.

Liebe Leserinnen und Leser! Bitte verstehen Sie das dargestellte Phasenmodell nicht als einen gutachterlich abgesicherten Vorschlag. Unser Beitrag soll den Anstoß für eine produktive Diskussion im Deutschlandtourismus geben.

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Re-Vision und Re-Sizing. Wie wir jetzt die Post-Corona-Welt neu entwerfen müssen.

Zukunftsforscher Andreas Reiter stellt sich in seinem neuen Blog-Beitrag die Fragen: „Wie sieht die Post-Corona-Welt aus? Wie können wir die Zeit des Transits wirksam nutzen und gestalten, wie bringen wir Gesellschaft und Wirtschaft bestmöglich durch die Krise? Mit welchem Spirit ordnen wir die Post-Corona-Gesellschaft neu, wie wollen wir künftig leben und wirtschaften?.“

Wie sieht die Post-Corona-Welt aus? Der eine wird dystopische Szenarien entwerfen mit einem Shutdown des Kapitalismus, der andere skaliert im Geiste seine in der Krise geborene Start-up-Idee, eine dritte träumt von digitalen Selbstversorger-Communities, in denen sich alle lieb haben und dezentral versorgen. Zukunft freilich ist nie einfach, sondern vielfach.

Eine Gesellschaft braucht – dies ist ein anthropologisches Grundgesetz – auf jeden Fall kraftvolle Narrative, positive mitreißende Bilder, um sich selbst zu finden (oder sich wieder neu zu erfinden). Wie wollen wir morgen (zusammen) leben und wirtschaften? Welche Erzählung geben wir uns als Gesellschaft für die Zukunft, welche Möglichkeiten wollen wir ergreifen? Diese Fragen müssen wir jetzt beantworten – mutig und verantwortungsvoll, denn die Bilder, die wir in die Welt setzen, gehen viral – so wie die Ängste und die Hoffnungen, die eine von totaler Unsicherheit kontaminierte Gesellschaft umtreiben.

Und gerade jetzt, in dieser Zeit der Isolation, des Social Distancing merken wir: wir agieren meist in unseren eigenen Blasen, in unseren jeweiligen sozialen Bubbles, diese konstituieren mehr denn je unsere „Wirklichkeit“ oder die Vorstellung davon, eine CustomizedReality. Dabei ist diese Wirklichkeit wie nie zuvor voller Ambiguitäten, voller Gleichzeitigkeiten des Ungleichzeitigen: Die einen organisieren empathisch Nachbarschaftshilfen wie Kathrin aus Top 18 („Wenn Sie Hilfe brauchen oder jemanden zum Einkaufen etc., rufen Sie mich gerne an“), die anderen verbreiten immer noch Marketing-Chichi in ihren sozialen Netzen („Wir sind mit unseren supertollen digitalen Beratungstools 24/7 für Sie da, mit unseren einzigartigen Video Call-Systemen erhöhen wir Ihre kommunikative Performance“). Postpubertäre Bobo-Kinder feiern Corona-Parties in Berliner Parks, während kreative Start-ups an innovativen smarten Lösungen basteln, die unsere Gesellschaft gerade dringend braucht – ja, und die wahren Helden des Alltags von der Kassiererin bis zur Krankenschwester (Achtung: vorwiegend weiblich!) halten das Notwendigste am Laufen.

Wir haben in den letzten Jahrzehnten schon einige Schwarze Schwänevorbeifliegen und landen sehen (Fukushima, Finanzkrise usf.), doch jetzt ist einer frontal gegen unsere (gesellschaftliche wie individuelle) Großhirnrinde geprallt: Corona. Wir müssen jetzt, gerade in dieser verordneten sozialen Distanz, aufpassen, dass wir als Gesellschaft – aus lauter Sorge und/oder Eigenschutz – die ohnehin starken Bruchlinien zwischen denen „da drinnen“ und denen „da draußen“ nicht weiter vergrößern, wir müssen diese Angst vor dem Anderen, vor der Ungewissheit des weiteren Verlaufs der Pandemie und der wirtschaftlichen Auswirkungen usf. aushalten. „Ohne die Anderen kein Selbst, ohne Ambiguität keine Identität, ohne Verzweiflung keine Hoffnung, ohne Anfang kein Ende. Dazwischen ist die Angst“ (Heinz Bude).

Da die künftige Entwicklung von epidemiologischen Variablen abhängt, die wir nur bedingt beeinflussen können (#flattenthecurve), kann niemand seriös prognostizieren, wie lange der Ausnahmezustand anhalten wird, ob die Krise im Spätsommer vorbei sein wird oder erst in einem Jahr. Virologen (wunderbar besonnen Deutschlands „Chef-Virologe“ Christian Drosten, https://bit.ly/2WuhObv) und Volkswirte revidieren ihre Prognosemodelle im Stundentakt (die EU-Kommission geht derzeit von einer Rezession à la 2009 aus (damals sank das BIP in der EU um 4,3%, andere greifen ganz tief in die Depressions-Kiste. Closed Shop).

Whatever it takes.

Es gibt jetzt aus meiner Sicht zwei Handlungsstränge:

  • jene des Transits (wie bringen wir Gesellschaft und Wirtschaft bestmöglich durch die Krise)
  • und jene des Re-Openings (mit welchem Spirit ordnen wir die Post-Corona-Gesellschaft neu, wie wollen wir künftig leben und wirtschaften?).

Für die Transit-Zeit bis zum Ende der Krise sind dringend staatliche Umverteilungsmechanismen gefordert. Das Kurzarbeitergeld ist so ein erster Schritt, die „unbegrenzten“ Kredite wiederum erreichen viele durch den Shutdown flachgelegte KMU’s nicht – wer nimmt einen Kredit  auf, den er später ohnehin nicht zurückzahlen kann? Stattdessen sollte jetzt – wann wenn nicht in dieser Krise – temporär z.B. ein Grundeinkommen eingeführt werden, um möglichst viele Menschen würdevoll über die nächsten Monate zu bringen.

Machen wir uns nichts vor – es handelt sich hier nicht um eine Krise, die bis zum Sommer durchgestanden sein wird und dann fahren wieder alle fröhlich mit Helikoptergeld auf Urlaub. Wir sind mit voller Wucht hinein katapultiert in eine gesellschaftliche, wirtschaftliche und kulturelle Disruption. Ein Neustart nach der Krise erfordert jetzt ein grundlegendes Umdenken, eine Re-Vision und ein Re-Sizing. Und deshalb gilt es jetzt einen neuen Gesellschaftsvertrag auszuhandeln und dabei zu überlegen:

  • Was stärkt unsere Resilienz? Welche Werte und Ressourcen setzen wir dafür ein? Wie sieht ein wünschenswertes soziales Miteinander aus, wie nachhaltige Lebensqualität von morgen? Welchen Wert hat dabei die Kultur?
  • Wie virtuell wollen wir unsere Gesellschaft gestalten (Corona wird schließlich die digitale Transformation aller Branchen radikal beschleunigen)? Wie können wir mit Predictive Analytics künftig Pandemien und Krisen verhindern? Wie setzen wir Künstliche Intelligenz zum Wohle aller ein, ohne in einer Big Data-Tracking-Diktatur zu landen?
  • Welche Wachstumslogik wollen wir? Welche Vorstellungen von Smart Work haben wir (4-Tage-Woche, Remote Work u.a.)? Wie können wir uns unabhängig machen von globalen Lieferketten? Forcieren wir eine Rück-Verlagerung der Produktion an europäische Standorte durch intensivierte Robotik und Automatisierung, ein Insourcing der Schlüsselindustrien (Automotive, Pharma!)? Wollen wir eine De-Globalisierung light, eine smarte europäische Regionalisierung? Wollen wir ein geeintes Europa oder einen abschottenden Nationalismus?

Viele Fragen. Viel Zeit zum Reflektieren. Viel Zeit, etwas vollkommen Neues auszuprobieren. Was wirklich wichtig ist, lässt sich einfach überdenken: Was werden wir – nach der Krise – am meisten in diesen Zeiten des Social Distancing vermisst haben?