Wie geht Neustart? – „Sicheres Reisen“ im Deutschlandtourismus

Der Neustart hat begonnen. Deutschlandweit entwickeln Touristiker Phasenmodelle dafür. In Deutschland am weitesten in den Planungen fortgeschritten sind die Nord-Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein, die beide differenzierte Pläne für ein Wiedereinsetzen des Tourismus entwickelt haben. Aber auch NRW, Baden-Württemberg und Bayern haben nachgezogen. Verschiedene Verbände, wie z.B. der Bundesverband der Campingwirtschaft (BVCD) und der Verband der Freizeitparks und -unternehmen (VDFU), haben ausgefeilte Konzepte vorgelegt.

Die Konzepte sollten auch wirtschaftlich nachhaltig aufgestellt sein, da aus medizinischer Sicht nur ein Impfstoff mit hohem Protektivitätsgrad (der ist bei einigen Impfstoffen nicht gegeben) und breiter Verfügbarkeit zu einem weitgehenden Normalzustand führen wird. Wann damit ein großer Anteil der Bevölkerung geimpft sein wird, ist zur Zeit noch nicht absehbar, es kursieren Schätzungen von 1,5 Jahren bis deutlich länger.

Vor diesem Hintergrund macht es Sinn, einerseits bestehende Angebote “Corona-sicher” und zugleich mit Wohlfühlcharakter anzubieten, andererseits, wenn möglich, Angebote zu dem jetzt noch wichtiger gewordenen Thema Gesundheitsstärkung am Markt zu platzieren.  

Gleichzeitig hat sich deutschlandweit die Zahl der gemeldeten aktiv an SARS CoVid 19 Infizierten inzwischen auf ca. 24.000 reduziert. Die wichtige Kennzahl „Reproduktionsrate“ liegt zwischenzeitlich bei nur noch 0,76 (Quelle: Robert Koch Institut, www.rki.de, Stand: 03.05.2020). Verschiedene Länder haben erste touristische Angebote wieder zugelassen, allen voran Tiergehege, Zoos und botanische Gärten.  Viele Lockerungen sind für die nächsten Wochen angekündigt. Der schrittweise Neustart des Tourismus, den wir vor drei Wochen mit einem ersten Phasenmodell  für den Deutschlandtourismus vorgeschlagen haben, ist inzwischen im Gange.

Schon bald werden weite Teile des touristischen Angebots in Deutschland wieder zulässig sein.

Neue Aufgaben für das Destinationsmanagement.

Höchste Zeit also, den Neustart in den Ländern und Regionen zu organisieren. Doch was ist dabei eigentlich zu tun? Was benötigen die Leistungsanbieter, was benötigen die Gäste? Ganz sicher muss sich das Destinationsmanagement an vielen Stellen weiter entwickeln und den aktuellen Herausforderungen der Corona-Pandemie anpassen.


Wichtige ToDos im Destinationsmanagement beim Neustart

a) Management

  • Angebotskoordination: Aufbau bzw. Unterstützung der Leistungs- und Serviceketten für den Neustart, Umsetzung vertrauensbildender Maßnahmen (Sicherheit, Verhaltensregeln, Anreisemanagement, Besucherlenkung, abgestimmter Service …)
  • Unterstützung der Partner:  Koordination und Information der Stakeholder, Coaching, Beratung, Vermittlung von Best Practices und Problemlösungen, Trouble Shooting …
  • Monitoring: systematische Erfassung der Auswirkungen der Corona-Krise, der Entwicklung von Angeboten, Betrieben, der Gästewahrnehmung, der Gästebewegungen …

b) Kommunikation

  • Binnenkommunikation: Vermittlung von Schutz- und Hygienebestimmungen, Vermittlung der Organisation des Neustarts an die Partner, Beispiele und Best Practices für Corona-spezifische Angebote und Produkte
  • Gästekommunikation: Vorfreude-/ Sehnsuchtskampagnen + Vermittlung  von Sicherheit + Darstellung der verfügbarer Angebote und Leistungen

Die Bedürfnisse der Gäste verstehen: Wohlfühlen, Gesundheit und Sicherheit

Wichtig ist, die Emotionen und Bedürfnisse der Gäste in und nach Krisen zu verstehen: Neben den bekannten Reisemotiven sind Berechenbarkeit, Verlässlichkeit, Sorgfalt in Bezug auf Gesundheit und Schutz vor Infektionen im aktuellen Corona-Geschehen von großer Bedeutung. Diese Bedürfnisse lassen sich mit dem Begriff „Sicherheit“ zusammenfassen. In der Corona-Krise gilt es für das Destinationsmanagement, „Sicheres Reisen“, verbunden mit Wohlfühlen, zu organisieren und zu kommunizieren.

Beispiel im Video: Wie man „Sicheres Reisen“ mit „Wohlfühlen“ verbindet.

Auch wenn sich die Ergebnisse der Covid19 Reise-Umfrage des Wellnessreiseanbieters Spa-dich-fit.de mit mehr als 4.000 Teilnehmenden in Deutschland auf eine hotel- und wellnessaffine Grundgesamtheit beziehen, geben sie doch wichtige Hinweise. Die Bedeutung von Informationen zu den Corona-Schutzmaßnahmen in der Unterkunft und in der Destination wird als sehr hoch eingeschätzt.

Und: Dem Gast ist es wichtig, dass die angebotene Sicherheit abgesichert und unabhängig kontrolliert wird. Der Gast ist bereit, für diese Sicherheit zu bezahlen: Ca. 80% der Befragten sind bereit, eine Preissteigerung für die zusätzlichen Sicherheits- und Hygieneleistungen im Hotel mitzutragen.

Wie man „Sicheres Reisen“ im Deutschlandtourismus verankern könnte.

„Sicheres Reisen“ allerdings kann und muss, so unsere Auffassung, destinationsübergreifend, mindestens landesweit, besser noch national entwickelt und koordiniert werden. Es ist für den Gast weder sinnvoll noch zumutbar, sich mit verschiedensten Gegebenheiten in potenziellen Reisezielen auseinander setzen zu müssen. Selbst landesweit vereinheitlichte Standards sind angesichts der vielen Landesgrenzen übergreifenden Reisegebiete in Deutschland nicht ausreichend.

Es stellt sich die Frage, was im Deutschlandtourismus zu tun ist, um die Verbindung von Wohlfühlen mit „Sicherem Reisen“ aufzubauen und umzusetzen. Wir regen an, dass sich die Bundesländer und die Verbände im Deutschlandtourismus auf gemeinsame Mechanismen und Standards verständigen.

Sechs Vorschläge für die Umsetzung von „Sicherem Reisen“ im Deutschlandtourismus

  1. National abgestimmte Handlungsempfehlungen für die Umsetzung von Schutz- und Hygienebestimmungen für die verschiedenen Anbieterkategorien, Infrastrukturen und Einrichtungen
  2. Zusammenstellung der adäquaten Checklisten und Handlungsempfehlungen für die verschiedenen Anbieterkategorien, Infrastrukturen und Einrichtungen im Deutschlandtourismus
  3. Entwicklung von national abgestimmten Muster-Krisenreaktionsplänen zur Nutzung in den Ländern und Regionen für den möglichen Fall des Auftretens eines regional begrenzten Infektionsgeschehens
  4. Best Practice-Pool für vorbildliche Angebote, Produkte  und Leistungsketten für die Kombination von „Wohlfühlen“ und „Sicherem Reisen“
  5. Qualifizierung und Unterstützung der Leistungsanbieter im Hinblick auf nachfragegerechte  Produkte und Angebote in der Kombination von „Wohlfühlen“ und „Sicherem Reisen“
  6. Einbindung von „Sicherem Reisen“ verbunden mit „Wohlfühlen“ in bestehende Qualitäts- und Servicezertifikate im Deutschlandtourismus

Geschrieben von Cornelius Obier und Dr. Andreas Keck

Cornelius Obier

Ich bin Geschäftsführer der PROJECT M GmbH, einer im Gesundheits- und Medizintourismus führenden Unternehmensberatung im deutschsprachigen Raum. Gesundheits- und Medizin-tourismus gehört seit vielen Jahren zu meinen „Steckenpferden“. Seit 1996 habe ich in diesem Markt eine Vielzahl von Beratungsprojekten geleitet, bin Autor mehrerer Fachstudien, werde oft als Moderator oder Referent eingeladen. Medizin und Gesundheit auf der einen, Tou- rismus auf der anderen Seite: Mitunter finden die beiden Branchen nicht leicht zusammen. Ich kenne beide Seiten sehr gut und verstehe mich als Inspirator und Brückenbauer.


Dr. Andreas Keck

Ich bin geschäftsführender Gesellschafter von KECK MEDICAL und dem international tätigen Syte Institute. Als ehemaliger Kardiologe und Oberarzt verfüge ich über langjährige Praxiserfahrung im Gesundheitswesen. Zur Lösung häufiger Herausforderungen in gesundheitswirtschaftlichen Projekten setzte ich außerdem meine medizinisch-wissenschaftliche Kompetenz ein. Ein besonderer Schwerpunkt meiner Arbeit liegt im Bereich eHealth. Hier bin ich international als Referent, Berater und Impulsgeber aktiv.


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