Beherbergungsbetriebe sind wesentliche Schlüsseleinrichtungen der Heilbäder & Kurorte in Deutschland – Ausgewählte Maßnahmen zur Nutzung der finanziellen Soforthilfen und zur generellen Liquiditätsverbesserung

Die aktuelle durch das Virus COVID-19 ausgelöste Situation stellt vor Allem die Tourismus- und gastgewerbliche Branche vor noch nie da gewesene Herausforderungen. Denn vor Allem die Besonderheit, dass die Leistungen dieser Branche nicht lagerfähig und damit die Ertragsfähigkeit nur mit der persönlichen Anwesenheit der Gäste, Besucher und Touristen gewährleistet ist, trifft damit das Gewerbe besonders hart und mit als Erstes.

Reserven sind schnell aufgebraucht, existenzbedrohliche Liquiditätsengpässe in kurzer Zeit erreicht.

Demzufolge sind Reserven schnell aufgebraucht und existenzbedrohliche Liquiditätsengpässe in kurzer Zeit erreicht. Was kann man also tun, um die Einbußen einzudämmen? Welche finanziellen Hilfen stehen zur Verfügung? Wie kann ein Antrag bei der Hausbank gestellt werden und wie müssen die hierzu erforderlichen Informationen aufbereitet sein? Nur wenige der aktuellen Fragen, die sich Unternehmer im Gastgewerbe alleine hinsichtlich der nachhaltigen Liquiditätssicherung stellen.

Erst gestern wurde seitens des Bundes und teils schon letzte Woche der Bundesländer und Kreditinstitute kurzfristige Liquiditätshilfen in nie dagewesenem Umfang für alle Branchen und Unternehmensgrößen auf den Weg gebracht. Dabei konzentrieren sich die aktuell diskutierten finanziellen Soforthilfen vorrangig auf folgende Unterstützungen:

  • Gewährung von zinsgünstigen Krediten vorrangig von Betriebsmittel- und Überbrückungskrediten
  • Übernahme von Bürgschaften durch die Mittelstandsbank
  • Erhöhung der Haftungsfreistellung für die durchleitende Bank (in der Regel die Hausbank)
  • Nicht rückzahlbare Zuschüsse für Klein- und Kleinstunternehmen bis 15.000 € für 3 Monate
  • Stundungen von Steuerschulden, sowie Herab- oder Aussetzen von Steuervorauszahlungen u.a. Umsatzsteuer, Einkommenssteuer und Gewerbesteuer,
  • Aussetzen der Zahlungen der Sozialabgaben

Flut an Kreditanfragen wird Banken überrollen.

Es ist damit zu rechnen, dass Banken in kurzer Zeit durch eine Flut an Kreditanfragen überrollt werden. Kreditinstitute stehen damit vor der Herausforderung, sich innerhalb kurzer Zeit einen Überblick über die Bonität, den erforderlichen Kapitalbedarf und die Fortführungsprognose einzelner Betriebe zu verschaffen. Nicht selten fehlen jedoch den sachbearbeitenden Mitarbeitern Branchenkenntnis der Hotellerie und Gastronomie. Seitens der Banken muss daher in kurzer Zeit der Spagat gelingen, einerseits den Betrieben die absolut notwendige Hilfe zukommen zu lassen und andererseits Fördermaßnahmen verantwortungsbewusst und gerecht zu verteilen.

Grundsätzlich ist dabei zu beachten, dass bei Genehmigung von Fördermaßnahmen die üblichen Voraussetzungen hinsichtlich der Bonität zu erfüllen sind. Das bedeutet, dass mit Krediten nur Betriebe gefördert werden, die vor Eintritt der Krise über eine solide Bonität verfügten. Für Betriebe, die hingegen bereits vor Eintritt von COVID-19 wirtschaftliche Probleme hatten, dürfte es hingegen schwer sein, Förderungen über die kleineren Zuschüsse hinaus auszuschöpfen. Insofern ist es wichtig, bei der Beantragung von Fördermaßnahmen einen Nachweis über die grundsätzliche Kreditwürdigkeit zu erbringen, beispielsweise durch Darlegung der bisherigen Ergebnisentwicklung üblicherweise durch Vorlage der Gewinn- und Verlustrechnung oder der Jahresabschlüsse der zurückliegenden drei Jahre. Zudem ist die Erstellung einer plausiblen und realistischen Liquiditätsplanung für die kommenden Monate erforderlich, aus der der tatsächlich erforderliche Kapitalbedarf zum Erhalt des gastgewerblichen Betriebes hervorgeht. Dabei sollte auf einer übersichtlichen Aufbereitung der Unterlagen und Zusammenfassung wesentlicher Informationen geachtet werden.

Ergänzend dazu soll nachfolgende Checkliste Sofortmaßnahmen in Krisensituationen für Sie bzw. Ihre Betriebe vor Ort Anregungen geben, wie die Verluste reduziert und somit Liquiditätsengpässe vermieden, bzw. hinausgezögert werden können. Die Auflistung dient einer ersten Hilfestellung und wird entsprechend der sich täglich ändernden Rahmenbedingungen weiterentwickelt und ist daher ohne Gewähr auf Vollständigkeit. Sicherlich haben die einen oder anderen Betriebe teils notgedrungen einige der Maßnahmen bereits umgesetzt oder gar zwischenzeitlich vorübergehend geschlossen. Teilen Sie dennoch die Informationen mit den Leistungsträgern in Ihrem Ort oder Ihrem Netzwerk, um den Betrieben (weitere) Anregungen oder Tipps zu geben.


Checkliste an Sofort Maßnahmen für Beherbergungsbetriebe in Krisensituationen auch mit kommunaler Unterstützung (ohne Anspruch auf Vollständigkeit)

Kommunale Maßnahme

  • Überprüfung der Aussetzung der Fremdverkehrsabgabe, bzw. Erstattung des Beitrages für 2019
  • Überprüfung der Umnutzung von Reha-Kliniken oder Hotels zu Behandlungszentren
  • Zentrale Koordinierungs- und Informationsstelle (Bündelungsfunktion) als Ansprechpartner für die Leistungsträger
  • Kontinuierliches Monitoring der Entwicklungen und regelmäßige Informationen mittels Newsletter o.a.

Operative Maßnahme

  • Leistungsangebote verringern, Teilbereiche der Hoteleinrichtungen schließen
  • Insbesondere Speisenangebot reduzieren
  • Ergänzung des eigenen Angebotes um Speisen und Getränke to Go
  • Einrichtung eines Lieferservice für hilfebedürftige Anwohner
  • Zwischenvermietung der Zimmer als Homeoffice
  • Freistellung von Aushilfen und externen Mitarbeitern

Maßnahmen Sales & Marketing

  • Kunden- und Vertrauensbildung: Regelmäßige Informationen und offene Kommunikation mit den bestehenden Gästen
  • Stornierung: Nach Möglichkeit zur eigenen Existenzsicherung Einfordern der vereinbarten Stornierungsgebühren oder Umwandlung in Gutscheine für spätere Buchungen
  • Anreize schaffen für Barzahlungen, bzw. EC Zahlungen

Sicherung Arbeitsplätze

  • Beantragung von Kurzarbeitergeld
  • Abbau von Überstunden, bzw. Aufbau von Minusstunden bei festangestellten Mitarbeitern
  • Abstimmung mit dem Mitarbeiter über Abbau von Rest-Urlaub und Anordnung von Urlaub
  • Mit Mitarbeitern über unbezahlten Urlaub abstimmen
  • Abteilungsübergreifender Einsatz der Mitarbeiter
  • Übernahme bislang fremdvergebener Aufgaben (z.B. Reinigung) durch eigenen Personal

Maßnahmen zur Liquiditätssicherung

  • Ermittlung des Kapitalbedarfs anhand einer kurzfristigen Liquiditätsplanung
  • Zahlungsziele der Kunden verkürzen
  • Bar- und EC-Zahlungen fordern
  • Beantragung eines Überbrückungskredites
  • Beantragung der Stundung von Umsatz- und Einkommenssteuervorauszahlung über den Steuerberater
  • Beantragung der Stundung der Sozialversicherungsbeiträge bei der Krankenkasse
  • Prüfung möglicher aktueller Förderprogramme u.a. KfW Unternehmerkredit; KfW Sonderprogramme, Bürgschaften der Bürgschaftsbank, Betriebsmittelkredite bei der Hausbank
  • Verhandlung mit der finanzierenden Bank über Stundung der Annuitätenraten
  • Verhandlung mit dem Vermieter/Verpächter über eine vorübergehende pachtfreie Zeit oder Umwandlung in eine umsatzabhängige Pacht
  • Verlängerung der Zahlungsziele mit Lieferanten, bzw. Vereinbarung von Ratenzahlung oder vorzeitige Einforderung von Rückvergütungen  (è Verzicht auf Skonto)
  • Nutzung Kontokorrentkredit und Vereinbarung mit der Hausbank über Aussetzung des Überziehungszinses
  • Verkauf nicht betrieblich notwendiger Wirtschaftsgüter oder Anlagen und Grundstücke
  • Überprüfung Sales and Lease Back z.B. bei PKWs, IT Hardware, Küchengeräten
  • Erhöhung Lagerumschlagshäufigkeit, das heißt Lagebestände reduzieren,
  • Verzicht auf geplante Investitionen und Konzentration ausschließlich auf betrieblich notwendige Maßnahmen

Sollten Sie weitere Hinweise und Ideen zur möglichst direkten Umsetzung haben, lassen uns dies gerne wissen, damit wir es teilen können. Gibt es bereits erste Erfahrungswerte aus der jüngeren Zeit? Wir uns auch hier über Ihre Diskussionsbeiträge.


Geschrieben von Ulrike Scheefer und Detlef Jarosch

Ulrike Scheefer

Ulrike Scheefer absolvierte ein Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, Ravensburg, mit Fachrichtung Tourismus/Hotelmanagement. Sie verfügt über 30 Jahre Praxiserfahrung in der Hotellerie und Tourismusbranche mit Schwerpunkt Finanzwirtschaft. Seit 2006 berät Ulrike Scheefer selbstständig (Scheefer Hotelberatung) u.a. Betreiber, Investoren, Banken und Kommunen als freiberufliche Unternehmensberaterin zu allen Fragestellungen der Hotellerie und Beherbergung. Seit 2014 unterstützt sie PROJECT M in der Abteilung Infrastrukturentwicklung in München als freie Mitarbeiterin und Expertin der Beherbergungsindustrie. Frau Scheefer ist seit 2010 Lehrbeauftragte und Prüfungsmitglied der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, Ravensburg, sowie Mitglied der BIG Berater im Gastgewerbe e.V. und des HogaQ Beraternetzwerk.


Detlef Jarosch

Ich bin Standortleiter München der PROJECT M GmbH und standortübergreifender Bereichs-leiter (gesundheitsorientierte) Infrastruktur. Ich habe mich speziell der Erlebbarmachung des Gesundheitstourismus und dem nachhaltigen Betrieb entsprechender Infrastruktur verschrie- ben und verstehe gesundheitstouristische Einrichtungen als Erlebnisraum. In meiner Zeit als Regionalmanager, Projektmanager und Geschäftsführer in unterschiedlichen Gesundheits- regionen verfolgte ich genau diese Ziele. Das einzigartige PPP-Projekt Oversum Vitalresort Winterberg (NRW), welches ich als verantwortlicher Projektsteuerer mitentwickelte, ist ein geeignetes Beispiel für meine Vorstellung von zeitgemäßer Produktentwicklung im Gesundheitstourismus.


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