„Healing Architecture“: Raumpsychologie – Die Kunst gesundheitsfördernder Atmosphäre

Öffentliche Plätze, Attraktionen, Touch-Points, Verweilorte, private Häuser, und Zimmer – Sie alle haben eines gemeinsam: Menschen wollen sich dort wohlfühlen! Innerhalb der eigenen vier Wände kann man individuell nach seinen Bedürfnissen für ein warmes, ja heimisches Gefühl sorgen. Einrichtungen wie Krankenhäusern, Therapie-, SPA- und Wellnesseinrichtungen kommt genau hier eine zentrale Verantwortung zu: „Wohlbefinden“ stellt eine zentrale Voraussetzung für den Heilungs- & Genesungsprozess dar. Doch wieso fühlt man sich eigentlich irgendwo wohl?    

Wenn wir uns im Tourismus über die bauliche Optimierung unterschiedlichster Orte unterhalten, so sprechen wir automatisch über die Schaffung einer sogenannten „Wohlfühlatmosphäre“.  Wir alle wissen was gemeint ist – und wenn wir ehrlich sind, dann hoffen wir eigentlich auf einen Architekten, der uns ein „Rendering“ präsentiert, bei dem wir sagen können: „Ja! Hier fühle ich mich wohl!“. Und sind wir noch ehrlicher: Die Anzahl an Kliniken und weiteren medizinisch-therapeutischen Einrichtungen in den wir genau das sagen können ist gering. Viele von uns kennen es: Egal ob als Angehöriger oder als Patient, wir suchen schnellstmöglich einen Weg aus den Betonfesseln dieser einengenden, sterilen Einöde.

(Quelle: pixabay)

Laut Duden ist wohl fühlen „sich in seinem Wohlbefinden durch nichts beeinträchtigt fühlen“. Spätestens hier wird klar, wir diskutieren hier viel mehr über ein emotionales und psychologisches Thema und weniger über ein geometrisch-architektonisches.

Paradigmenwechsel: Von der Pathogenese zur Salutogenese

Die Gegenwart im deutschen Gesundheitssystem ist von der Pathogenese, der Entstehung von Krankheit und dem Entgegenwirken, geprägt. Die Zukunft orientiert sich an der Salutogenese, der Entstehung von Gesundheit. Das Konzept beschreibt Kräfte, die dem Menschen helfen, Gesundheit zu entwickeln und ihr Modell beantwortet die Fragen „Wer wird krank? Und „Wer bleibt gesund?“. Danach bleiben Individuen und Gruppen auch unter hohen Belastungen eher gesund, wenn sie ein in drei Dimensionen beschreibbares Grundvertrauen haben: „Verstehbarkeit“, „Machbarkeit“, „Bedeutsamkeit“. Diese bilden zusammen den Kohärenzsinn, in einer verstehbaren, beeinflussbaren und sinnstiftenden Welt zu leben. Je größer dieser bei Menschen ist, umso größer ist in der Regel ihre Fähigkeit, gesundheitliche Belastungen auszuhalten, ohne krank zu werden.

Healing Architecture: Die Kunst gesundheitsfördernde Atmosphäre zu schaffen

Dieses Wissen nun in die (Innen-)Architektur zu übersetzen ist die Kunst der „Healing Architecture“ – eine Schule die bereits Roger Ulrich in den 80er Jahren entwickelte und nun von Koryphäen wie beispielsweise Christine Nickl-Weller weiterentwickelt werden. Welche Bedeutung die Architektur für einzelne gesundheitstouristisch relevante Einrichtungen hat, welche Anforderungen gestellt werden und erfüllt werden müssen und welche Wirkung die Architektur hat, erfahren Sie in den nächsten Artikeln.

In der täglichen Arbeit mit unseren Kunden, bei denen es viel mehr um die Optimierung bestehender Strukturen als die Konzeption von Neubauten geht, konzentrieren wir uns im ersten Schritt darauf, eine Balance der folgenden vier Säulen der Raumpsychologie zu vermitteln und dann Schritt für Schritt umzusetzen:

Licht – Farbe – Duft – Klang

Diese sind wesentlich in der Lage die Botschaft „Wohlbefinden“ an den Gast zu vermitteln – ein Erlebnis für alle Sinne! Dabei muss an die Stelle des Objektdesigns zunehmend das „Design der Wahrnehmung“ und des „Erlebens“ treten. Es gilt also: je authentischer, dabei (multi-)funktionaler gestaltet und weniger thematisiert bzw. überfrachtet. Ein solcher Ort ist umso vielfältiger, freier, kreativer und letztendlich auch wirtschaftlicher. Weniger ist hierbei mehr, zu viele Gegenstände belasten und lenken ab. Nur natürliche Materialien werden als lebendig und gleichzeitig beruhigend empfunden.

Wenn sich hierbei alle vier Sphären harmonisch ineinanderfügen, dann und nur dann wird aus einem Ort ein einzigartiger Ort, an dem eine „Wohlfühlatmosphäre“ erfahren werden kann, an dem man sich wohl fühlt und auch noch nachhaltig das Wohlbefinden durch „warme Erinnerungen“ an die Aura des Ortes gefördert wird.


Geschrieben von Alexander Arnold

Ich bin Consultant bei der PROJECT M GmbH. Als Geograph mit dem Schwerpunkt Wirtschafts- und Tourismusgeographie bin verantwortlich für das Kompetenzfeld Infrastruktur und befasse mich insbesondere mit gesundheitstouristischen Einrichtungen wie Thermen und Bäder aber auch mit kurörtlichen Einrichtungen wie Kurhäusern, Kurparken, etc. Ich bin in vor allem auf Ortsebene in unterschiedlichsten Kurorten und Heilbädern, aber auch in Regionen unterwegs. Besonders spannend ist dabei die Zusammenarbeit mit und das Zusammenspiel zwischen Touristikern, Geographen, Medizinern und Architekten.


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert