„Die erstaunliche Renaissance der Kurparke. In diesen Orten entsteht Neues“
Die erstaunliche Renaissance der Kurparke. In diesen Orten entsteht Neues.
Denkt man an Kurparks, verbindet man damit meist große Grünflächen mit altem Baumbestand und Blumenbeete, einzelne Wasserflächen zum Füttern von Enten, dazwischen Sitzbänke, eine Kurmuschel für Konzerte und v.a. Ruhe und Beschaulichkeit. Mehr oder minder sehen alle gleich aus. Die Besonderheiten des Ortes werden nicht erkennbar. Eine direkte Verbindung zum Prädikat (z.B. Sole, Kneipp, Moor, …) des Ortes sucht man oft vergeblich.
Kurpark als Erlebnisraum und therapeutischer Ort
Kurparks erleben aktuell jedoch eine Renaissance. Seit ein paar Jahren wird wieder investiert- und das nicht nur in die Sanierung maroder Anlagen. Es entstehen in verschiedenen Orten neue Erlebnisräume für Gäste und Einheimische. Diese bieten meist witterungsunabhängige Angebote, sind mehrgenerationentauglich – selbstverständlich barrierefrei, oft allergikerfreundlich und bieten Raum für Ruhe, Therapie und sportliche Aktivitäten gleichermaßen. Eine multifunktionale „Einrichtung“ sozusagen, die idealerweise Erholungsraum und Erfahrungsraum in einem ist – digitale Angebote sollten dabei nicht fehlen. Der Kurpark ist eine Schlüsseleinrichtung zum Erleben des Markenprofils eines Kurortes und dessen Prädikate und hat großes Potenzial zum „modernen Gesicht eines Kurortes“ zu werden. „Ein Symbol für den Aufbruch in die Zeit zukunftsfähiger Heilbäder und Kurorte“, so Stefan Krieger (Kurdirektor und Geschäftsführer Staatsbad Salzuflen GmbH).
Eher traditionelle Heilbäder bilden die derzeitigen „analogen“ Benchmarks
Diese Orte haben besondere ortstypische Erlebnisräume geschaffen, die es sich lohnt näher anzusehen:
- Bad Nauheim: Weitläufiges Gelände mit sechs thematischen Parkanlagen und Gärten zur Entspannung & Entschleunigung kombiniert mit aktivierenden Familien- und Naturerlebnisangeboten wie z.B. Terrainkurwege (Spazieren, Jogging, Walking), Barfußwegen, Kräutergarten, Sinnespfad, Therme im Park, Wassererlebnisplatz, Waldspielplatz, Quellenausschank & Trinkkuranlagen, 5 Gradierbauten & Inhalatorium, Ort für Festivals und Veranstaltungen – für jeden etwas (wbad-nauheim.de/reiseziel-bad-nauheim/parkanlagen-gaerten/historischer-kurpark.html)
- Bad Reichenhall: Kurgarten als innerörtlicher Erlebnisraum zum Thema „Durchatmen und Erleben“ mit prädikatsbezogenen Stationen – z.B. Brunnen-Lounge mit AlpenSole Springbrunnen, Strandliegen zum Entspannen und Verweilen, AlpenSole Kneipp-Anlage, Europas größtes AlpenSole Freiluftinhalatorium, Konzertrotunde und Musikpavillon, etc. (bad-reichenhall.com/de/koeniglicher-kurgarten-mit-gradierhaus/)
- Bad Wörishofen: Verbindung einer erlebnisorientierten Infrastruktur (1,5 km Barfußrundweg – 23 Erlebnisstationen) mit attraktiv gestalteten Themengärten (Aroma-, Rosen- und Heilkräutergärten) und Gradieranlage – Natursole Freiluftinhalatorium zur Ruhe und Erholung – Kneipp ganzheitlich und attraktiv (bad-woerishofen.de/die-gesundheitsstadt/parks-einrichtungen/kurpark.html)
Übersichtskarte des Familienerlebnisses Barfußweg im Kurpark Bad Wörishofen (Quelle: https://www.bad-woerishofen.de/die-gesundheitsstadt/parks-einrichtungen/kurpark/barfussweg.html)
- Bad Bertrich: Erster Landschaftstherapeutischer Park Europas mit 7 verschieden strukturierten Erlebnisbereichen als Ergänzung zum vorhandenen Kurgarten: 7 Gärten mit 7 „Atmosphärebädern“ zur Besinnung, Meditation, Bewegung und Sport mit u.a. Gymnastikplatz, Barfußlabyrinth, Outdoor-Fitnessgeräte , Sanduhr mit blauer Flüssigkeit als Symbol für Zeit, Gemütliche Bankhütten als Entspannungsplätze, Wege für „Gehmeditation“
http://www.bad-bertrich.de/presse/landschaftstherapeutischer-park/der-landschaftstherapeutische-park
Kurpark ist mit wichtigste Einrichtung für gesundheitsorientierte Gäste. Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit
Dass Kurparke und Grünanlagen zu den wichtigsten gesundheitstouristischen Einrichtungen eines Heilbades / Kurortes für Übernachtungsgäste und Tagesgäste zählen, zeigte eine bevölkerungsrepräsentative Gästebefragung aus dem Jahr 2016. Speziell Kur-, Reha- und Präventionsgästen ist ein Kurpark wichtig – mit unterschiedlichen Ansprüchen an Angebot und Atmosphäre. So suchen Reha-Gäste ruhige Kommunikationsareale, aber auch gesundheitsfördernde Angebote und Kurse. Präventionsgäste und Aktiv-Urlauber erwarten eher sportliche, gesundheitsfördernde Angebote im Park. Akutpatienten und Gäste mit psychischer Belastung suchen verstärkt Rückzugsräume und Angebote zur aktiven Entspannung. Eine räumliche Zonierung des Naturraumes in spezielle Nutzungsbereiche – einerseits Rückzug und Erholung, andererseits Sport und Aktivität ist dabei zielführend aber selten vorhanden.
Die zusätzliche Einbindung digitaler Angebote, kann wirksames Mittel zum Abheben vom stark umkämpfen Wettbewerb sein. Denn bisher sind Digital-Angebote wie Self-Tracking Anwendungen, QR-Codes an Stationen, GPS Touren, etc. bis hin zur Verknüpfung mit digitalen Endgeräten der Gäste äußerst selten in Kurparks oder anderen kurörtlichen Einrichtungen vorzufinden.
Moderne Kurparkentwicklung und Storytelling. Digitalisierung als weitere Herausforderung.
Moderne Kurparkentwicklung heißt, sich künftig stärker der Elemente des „Storytellings“ zu bedienen, also neben einer durchgängigen Gestaltungslinie und der Verwendung regionaler Materialien und Stilelemente, ist das Erleben der Ortsgeschichte und der örtlichen Heilmittel auf Grundlage einer für den Außenraum tauglichen Szenographie – als inszenierte Bühne – von erfolgsentscheidender Bedeutung. Hierbei sind nicht nur Informationstafeln sondern z.B. Erlebnispavillons oder -inseln als ganzjährig nutzbare Anlauf- und Informationsstationen sinnvoll, die eine möglichst hohe Multifunktionalität und Flexibilität aber auch Interaktivität aufweisen sollten.
Speziell die multimedialen Anwendungen bzw. Digitalisierung bieten hierbei enorme Potenziale z.B. in Verbindung mit e-health-Angeboten, die den Weg zu einem künftig erwarteten sog. „smarten Kurort“ ebnen (näheres s. Blogartikel). Ein solches innovatives Konzept in Verbindung mit einer denkmalgeschützten Wandelhalle ist derzeit mit dem sog. „Erlebnisraumkonzept Sole & Kneipp“ in Bad Salzuflen (Teutoburger Wald, NRW) in Realisierung und „wird neue Maßstäbe in der Präsentation und Vermittlung der örtlichen Heilmittel bzw. Prädikate setzen“, so nochmals der Bad Salzufler Kurdirektor.
Aber natürlich stellt sich die Frage: Soll, darf diese (digitalisierte) Steigerung von Inszenierung und Erlebnisvielfalt die ursprüngliche Funktion der Kurparke als naturnahe Ruhe- und, Entschleunigungseinrichtung (mit gesundheitlichen Mehrwerten) ersetzen oder umschreiben – nicht ersetzen aber unbedingt ergänzen und die eingeschlafenen Grünflächen damit wiederbeleben. Neues und Ursprüngliches gekonnt verbinden – das ist die Kunst und größte Herausforderung einer jeden Renaissance.
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