Gesundheits- und Fitnesstracking: Touristische Perspektiven des Internet of Medical Things
Bewegungsverhalten, Ess- und Trinkverhalten, Schlafverhalten, Smartphone-Nutzungsverhalten u.v.m. – alles wird getrackt. Die lebensbegleitende Messung von Fitness- und Gesundheitsparametern wird für immer mehr Nutzer Teil des Lifestyles. Bislang weit gehend eigenständig entwickelten sich digitale Healthcare-Anwendungen: digitale Gesundheitsplattformen, Fernbetreuung von immobilen Patienten, telemedizinische Diagnosesysteme, virtuelle Sprechstunden, digitale OP-Assistenz, individualisierte Medikation auf Basis von Big Data … all das wird bereits heute eingesetzt.
Lifestyle und Healthcare wachsen technologisch zusammen
Nachdem sich die Märkte bislang überwiegend unabhängig voneinander entwickelt haben, fließen im Gesundheits- und Fitnessbereich zwei technologiegetriebene Märkte inzwischen zusammen. Das folgende Schaubild verdeutlicht die Entwicklung des Internet of Medical Things.
Abb. 1: Internet of Medical Things (IoMT)
Quelle: Frost & Sullivan (2015)
Internet of Medical Things wird in den Alltag integriert
Diese Entwicklung verweist darauf, dass es für einen großen Teil der Menschen künftig immer selbstverständlicher werden wird, Gesundheits- und Fitnessanwendungen in ihren Alltag zu integrieren. Schon heute gehen gemäß einer bevölkerungsrepräsentativen Studie der Techniker Krankenkasse 86% der Befragten davon aus, dass beispielsweise Fitnesstracker „in zehn Jahren dazu gehören“.
Abb. 2: Anwendung von Fitnesstrackern
Quelle: Techniker Krankenkasse: „#SmartHealth – Wie smart ist Deutschland?“ (2016)
Neben der Technologie stellt der demographische Wandel einen weiteren zentralen Treiber dar, der die aufgezeigte Entwicklung nochmals massiv verstärken wird. Mit zunehmender Lebenserwartung wird lebensbegleitende Prävention für ein langes, gesundes und unabhängiges Leben in Zukunft selbstverständlich.
Abb. 3: Metaplattformen bündeln Daten und unterstützen ein 360 Grad-Self Tracking.
Darüber hinaus bekommen digital gestütztes Management und Coaching bei der Versorgung von Akutpatienten und Chronikern, aber auch in der Pflege, eine große Bedeutung. Zunehmendes Gesundheitsbewusstsein und Connected Health-Technologie werden sich gegenseitig verstärken. Wir können daher davon ausgehen, dass wir in einigen Jahren im Alltag von digitalen Gesundheits- und Fitnessanwendungen umgeben sind.
Perspektiven für den Gesundheitstourismus
Aus dieser Entwicklung ergeben sich folgende Thesen für die Risiken und Chancen für den Gesundheitstourismus:
- In allen Bereichen des Gesundheitstourismus ergeben sich vielfältige Möglichkeiten der Angebotsgestaltung und des Vertriebs unter Einbindung von Connected Health-Technologie. Diese Technologie ermöglicht sowohl neue Formen der Akquise, als auch effektive Formen der Kundenbindung: von der Vorbereitung der Reise über den Aufenthalt bis zur Nachbetreuung und der Integration in den Alltag.
- Gesundheit als Lebensstil: Der „Healthy Lifestyle“ bekommt durch die Digitalisierung einen massiven Das könnte sich auch für den Gesundheitstourismus vorteilhaft auswirken, wenn es gelingt, die Connected Health-Technologie in die Angebotsgestaltung zu integrieren.
- Alltagsintegration: Digitale Gesundheits- und Fitnessanwendungen werden zum selbstverständlichen Begleiter in Alltag und Urlaub – die Einbindung in customer journey und Urlaubserlebnis wird obligatorisch. Oder anders herum: Gelingt es nicht, die Connected Health-Technologie in die Angebotsgestaltung zu integrieren, verliert der Gesundheitstourismus die Bindung an die Lebens- und Alltagswelten der potenziellen Kunden.
- Neuer Wettbewerb: Es gibt bereits heute eine Konkurrenzsituation zwischen digitalen Angeboten und Präsenzangeboten. Wir müssen im Gesundheitstourismus davon ausgehen, dass uns zunehmend die Frage gestellt wird, warum der Ortswechsel bei der Gesundheitsreise tatsächlich notwendig oder hilfreich ist, und wie wir die Anwendung am Aufenthaltsort in das individuelle Fitness- und Gesundheitsmanagement der Kunden integrieren.
Mit Blick auf die bereits laufende Alltagsintegration der Connected Health-Technologie wird es somit für den Gesundheitstourismus Zeit, die laufende Markttransformation aktiv zu begleiten.
Bislang ist die Einbindung digitaler Anwendungen im Gesundheitstourismus allerdings nur rudimentär vorhanden. Die bestehenden Möglichkeiten werden noch nicht genutzt. Entscheider und Kontaktpersonal ist kaum qualifiziert. Es gibt kaum Marktwissen und noch keinen systematischen Erfahrungsaustausch.
Um den Markt voranzubringen, werden daher mutige Akteure und Anbieter für neue Kooperationen und Pilotvorhaben erforderlich. Wer macht mit?
Dieser Blogbeitrag speist sich aus einem Vortrag, den Cornelius Obier im Zuge der Outdooractive Conference am 28.09.2017 gehaltenhat. Weitere Informationen finden sich unter: https://conference.outdooractive.com
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